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Wasserentnahme aus dem Brunnen in Altenriet

Bericht zur Sitzung des GR -Sitzung vom 13.2.22 (Lutz Selle}
ALTENRIET. Es ist Bürgern nicht grundsätzlich verboten, Wasser aus öffentlichen Brunnen zu schöpfen, um beispielsweise damit Blumen zu gießen. Man darf es damit nur nicht bei der Menge übertreiben. Diese Erfahrung hat am 6. August ein Einwohner von Altenriet gemacht. Denn kurz nachdem er an dem Brunnen an der Neckartenzlinger Straße mit seinem Auto mitsamt Anhänger mit Wassertank vorgefahren war und diesen befüllt nach Hause gebracht hatte, tauchte die Polizei bei ihm auf – mit Blaulicht und Martinshorn, wie der Bürger am Dienstagabend vor dem Gemeinderat und 40 Besuchern der Sitzung in Altenriet erzählte.
Gemeinderat Rolf Stückle hatte am Ende der Sitzung unter „Anfragen“ thematisiert, dass ein Bürger vom Gemeindevollzugsdienst des Verwaltungsverbandes Neckartenzlingen einen Bußgeldbescheid über knapp 130 Euro erhalten hat. Bürgermeister Bernd Müller wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass zwar eine Entnahme von Wasser aus den öffentlichen Brunnen in geringen Mengen mittels Eimern und Gießkannen für die eigene Bewässerung von Pflanzen und Gärten erlaubt ist. Ein Leeren der Brunnen mittels Pumpen oder angeschlossenem Schlauch ist allerdings nicht erlaubt. Das nicht nur bei Wasserknappheit, sondern immer gültige baden-württembergische Wassergesetz genehmigt nur die Entnahme von „haushaltsüblichen Mengen“. Müller stellte die Frage, ob 1000 Liter noch haushaltsüblich seien.
Nach diesen Worten outete sich der mit dem Bußgeldbescheid bedachte Bürger unter den Zuschauern der Sitzung und stellte fest, dass der Brunnen bereits 15 Minuten nach der Entnahme des Wassers wieder vollgelaufen sei. „Ich schade doch niemandem.“ Wenn das Wasser nicht entnommen werde, würde es sowieso ungenutzt in die Kanalisation abfließen. „Wenn nur ein Rinnsal in den Brunnen fließt, dann darf man natürlich kein Wasser abpumpen.“ Das sei aber nicht der Fall. Der Bürger forderte die Gemeindeverwaltung dazu auf, eine Lösung zu finden, „dass jeder so viel Wasser aus dem Brunnen nehmen darf, wie er möchte“. Schon seit Jahren würden viele Bürgerinnen und Bürger aus dem Brunnen Wasser holen, um ihre Blumen zu gießen. Die 800 Liter, die er entnommen habe, hätten seiner Ansicht nach auch nur einen Wert zwischen einem und drei Euro. Unter dem johlenden Beifall zahlreicher Sitzungsbesucher kündigte er an, die Geldbuße nicht bezahlen zu wollen. Lieber wolle er die Sanierung der beschädigten Fußgängerbrücke über den Märzenbach finanziell unterstützen. Einen Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid hat er bereits eingelegt. Dieser wird voraussichtlich nun vom Landratsamt Esslingen geprüft. Bürgermeister Müller kündigte an, sich „des Themas anzunehmen“. Er werde „der Sache nachgehen“. Am gültigen Wassergesetz des Landes wird er aber wohl nicht vorbeikommen.
Auf Anfrage der Nürtinger Zeitung bestätigt Martin Raff von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Reutlingen, dass am 6. August eine Zeugenaussage über die Ordnungswidrigkeit am Brunnen bei der Polizei eingegangen ist. „Wenn es Verbote gibt und jemand ruft an, dass etwas Verbotenes im Gange ist, dann müssen wir dem nachgehen.“ Für das Bußgeldverfahren sei die Polizei dagegen nicht zuständig. Die Polizei schreibe einen Bericht an die Gemeinde. „Damit ist das Thema bei uns vom Tisch.“
Eine mutmaßlich verbotene Wasserentnahme werde nur sehr selten angezeigt. In solchen Fällen würden aber häufig glaubhafte Zeugenaussagen als Beweismittel ausreichen. Wer eine Ordnungswidrigkeit begeht, müsse von der Polizei nicht gezwungenermaßen in flagranti erwischt werden. „Wenn drei Zeugen sagen, dass Herr XY das Buswartehäuschen mit Graffiti verschmiert hat, dann reicht das aus“, nennt Raff ein Beispiel.