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Gegenlicht

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Obergass 23, 8193 Eglisau, Schweiz

Bäume bilden das bevorzugte Gegenüber des 1965 in Zürich geborenen Künstlers Felix Studinka. Gerade diese Einschränkung weitet seinen Blick. Für den alltäglichen Blick bleibt ein Baum immer der gleiche Baum. Wie jeder andere Gegenstand erhält er durch flüchtige Zuordnungen sein Etikett. Dieser Zugang ist durchaus zweckmässig, meint Studinka, aber er «bringt uns immer wieder auf die fatale Bahn: übers Begreifen zum Besitzen und schließlich zum Beherrschen. Er entspricht einer Haltung, die tief in unserer Kultur verankert ist. Und wir beginnen, ihre Folgen zu ahnen.» Die komplexe Form eines Baumes ist nie ganz fassbar. Man kann ihn nicht zeichnen, "man kann ihn nicht einmal sehen wie er ist, seine Gestalt vollständig wahr-nehmen", schreibt der Kunsthistoriker Erich Franz in seinem Essay über Studinkas Baumzeichnungen. Die beharrlich wiederholten zeichnerischen Anläufe können also gar nicht auf eine gültige Aussage abzielen. Der Baum bildet nur einen notwendigen Anlass, um Aufschluss über den Blick zu bekommen, der sich auf ihn richtet. Die Technik der Kohlezeichnung spielt für Felix Studinka eine wichtige Rolle. Denn durch den unmittelbaren Kontakt der Hand mit der Kohle und dem Papier kommt auch der Tastsinn zum Zug. Auch die Wahl des Gegenlichts ist entscheidend. Ein Baum ist transparent, füllt das ganze Blickfeld aus, setzt den Raum in Bewegung. Solche Wirkungen verstärken sich im Licht, das den Baum durchdringt. Im Gegenlicht kommen dem Zeichner die entscheidenden Anregungen förmlich entgegen. Nur die Zeichnungen entstehen unter freiem Himmel. Doch auch im Atelier ausgeführte, teils grossformatige Werke lassen vor Ort gewonnene Eindrücke weiter wirken: Räumliche Andeutungen, Farbvibrationen, aber auch Formansätze, die sich aus dem Rechteck des Papiers ergeben.
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