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Kultur in Pfinztal: Andrea Funk

AM ANFANG WAR DAS - GESPROCHENE – WORT
Wer den Hundstangenhof am äußersten Rand von Kleinsteinbach entdeckt, geradezu versteckt in einer Senke am Wald, der kommt wohl kaum auf die Idee, dass dort Kunst und Spiritualität zuhause sind. Aber Andrea Funk hat ihn zum idealen Ort für ihre künstlerische und psychotherapeutische Arbeit gemacht.
Ihr Metier ist das Sprechen - das kunstvolle und das heilsame Sprechen. Unaufdringlich, mit wohl gesetzten Pausen und wechselndem Rhythmus, ansprechend eben. Davon ließen sich auch Laís Frey und Walter L. Brähler vom Kulturkomitee bei ihrem Besuch einfangen.
Das Sprechen ist ihre Kunst und ihre Profession, spätestens seit sie in den 1980er Jahren an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart (HMDK) Sprecherziehung studierte. Nach dem Abitur hatte sie sich zunächst für Kunstgeschichte interessiert, aber schnell gemerkt, dass Kunst machen ihr Ding ist, nicht das Reden darüber.
Begleitend zum Studium hatte sie erste Auftritte als Rezitatorin, vermittelt von der Hochschule. Ihre Abschlussarbeit zum Thema „Kindheiten“ war sehr persönlich. Schließlich war sie zu dieser Zeit bereits Mutter von zwei Kindern. Aus der Abschlussarbeit entwickelte sie dann zusammen mit einer Pianistin ihr erstes größeres Bühnenprogramm. Als wenig später ihre Ehe - zumindest vorläufig - in die Krise geriet, zog sie mit den beiden Kindern nach Hamburg und baute sich dort ihr Leben neu auf. Noch heute gibt ihr das ein gutes Gefühl, wenn sie daran denkt, wie sie das damals geschafft hat, nicht zuletzt dank ihrer Soloprogramme mit Lyrik und Prosa, immer szenisch vorgetragen, und und ihrer Lehrtätigkeit an verschiedenen Schauspielschulen in Hamburg, darunter die Hochschule für Musik und darstellende Kunst.
Das alles kam nicht von ungefähr. Andrea Funk entstammt einem sehr künstlerischen Elternhaus, der Vater Opernsänger, die Mutter Tänzerin, und „Kunst“ das dominierende Thema. Da war es manchmal gar nicht so leicht zwischen der Prägung durch die Eltern und der Abgrenzung von ihnen den eigenen Weg zu finden und letztlich das gesprochene Wort zum eigenen künstlerischen Instrument zu machen.
Kunst ist ihr Bedürfnis und ihre Leidenschaft. Eine Botschaft habe sie nicht, vielmehr wolle sie mit rezitierter Prosa und Poesie die Herzen der Menschen erreichen. Im Übrigen sei für wirkliche Kunst das Neue entscheidend, das Dritte, das idealerweise im Schaffensprozess entsteht. Dann verschwinde auch der Künstler hinter dem Werk. Überhaupt will sie als Kunstschaffende eher nicht im Rampenlicht stehen.
Nach Pfinztal hat sie der Hundstangenhof gebracht, der jetzt nicht nur ein Zuhause für sie und ihren Mann ist, sondern auch der Ort für viele gestalterische Aktivitäten, für psychotherapeutische Sitzungen, für Workshops und Kunstkurse. Zunächst bedeutete „Pfinztal“ aber auch einen Rückzug von öffentlichen Auftritten ins Persönliche, ins Private. Doch längst bietet sie wieder Lesungen und Literaturabende an und veranstaltet private Hauskonzerte auf ihrer ganz persönlichen Bühne, der „FUNKelBÜHNE“. Eine vor allem Eingeweihten bekannte Institution, denn sie macht so gut wie keine Werbung dafür. Ihre Angebote würden in der Gemeinde aber „mehr als erwartet“ angenommen, sagt sie.
Künstlerisch würde sie gerne mal ausprobieren, wie eine Ballade wohl verstanden würde, wenn sie zunächst deren „Story“ erzählt, bevor sie sie als Gedicht rezitiert, d.h. die Geschichte in „verdichteter“ vorträgt. Ein weiteres Projekt, das sie beschäftigt: eine Ausstellung mit den Gemälden ihrer inzwischen verstorbenen Mutter.
Privat ist sie ein Morgenmensch, läuft und meditiert täglich, malt, „völlig dilettantisch“, wie sie sagt, hat Angst vor Hunden, aber „keine Angst tot zu sein“. Nur leiden möchte sie nicht. An einen Gott als Person glaube sie zwar nicht, aber schon daran, dass alles miteinander in einem Zusammenhang stehe und dass man ein Teil davon sei. Das Schönste bisher sei die Geburt ihrer Kinder gewesen, ihre größte Stärke Integrationsfähigkeit und was sie nicht ausstehen könne, sei arrogantes, überhebliches Verhalten. Sie übe noch, lockerer zu werden und nicht überall den eigenen Maßstab anzulegen. Besonders wichtig sei ihr Authentizität, Übereinstimmung von Denken und Handeln, von Innen und Außen, Konstanz.
Sie fände es schön, wenn von ihrer Kunst etwas dauerhaft bliebe, wenn sie womöglich etwas Neues, etwas Drittes hinterließe, jenseits dessen, was schon existiert. Aber wer könne das schon erwarten. Nicht darum macht sie sich Sorgen, sondern um die Sprache, dass sie zu einer rein technischen Möglichkeit verkomme, ohne Klang, ohne Emotionen, ohne Farben, ohne Bindungskraft.

Ein Beitrag des Kulturkomitees Pfinztal

Text: Walter L. Brähler, Lais Frey-Rode
Bild: Roland Geiger, Stuttgart