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Volksmund missverstanden: Leibergerin darf nicht mehr zur Blutspende

Mehr als 50 Mal hat Melanie Hesse beim Deutschen Roten Kreuz Blut gespendet, um anderen zu helfen. Nun will man die Frau aus Bad Wünnenberg-Leiberg dort nicht mehr sehen. Der Vorwurf: Sie habe sich rassistisch geäußert.

Vor einem Jahr, erzählt die 50-Jährige, sei sie wie schon so oft zuvor von Leiberg zur Blutspende in die Bad Wünnenberger Kernstadt gefahren. Nachdem die Formalien geklärt waren, ging sie von der Schützenhalle hinüber in den Blutspendebus des DRK, um sich ihr Blut abnehmen zu lassen. Als sie die Tür zum Bus öffnete, erblickte sie dort ungewöhnlich viele ihrer Nachbarn und Bekannten aus Leiberg und sagte den verhängnisvollen Satz: „Oh, lauter Türken hier im Bus!“

Keiner der Leiberger im Bus fühlte sich angegriffen oder wunderte sich auch nur darüber. Denn so ziemlich jeder, der schon eine Weile im Raum Bad Wünnenberg lebt, weiß, dass die Leute aus der Kernstadt Maikäfer genannt werden, die Hegensdorfer sind die Schlehenschieter, und die Leiberger eben die Türken.

Die Sage, auf die das zurückgeht, mag nicht jeder kennen. Doch die Bezeichnungen sind so gebräuchlich, dass im Aatal in Bad Wünnenberg eine Maikäfer-Skulptur steht, der Leiberger Karneval viele Jahre lang unter der Überschrift „Türkei, helau!“ gefeiert wurde und in Leiberg an einem Baum sogar ein inoffizielles Ortseingangsschild mit dem türkischen Halbmond hängt.

Während die Leiberger im Blutspendebus also fröhlich zurückgrüßten, ärgerte sich ein Mitarbeiter des DRK mit ausländischen Wurzeln über die Bemerkung. „Hätte er mich direkt angesprochen, hätte sich das sofort aufgeklärt“, sagt Melanie Hesse.

Doch das tat er nicht. Stattdessen beschwerte er sich offenbar beim Blutspendedienst über sie. Melanie Hesse, die als Medizinische Fachangestellte im Gesundheitswesen arbeitet, ahnte davon lange nichts. Sie wunderte sich , dass sie nicht (wie sonst üblich) über Blutspendetermine informiert und eingeladen wurde. Doch weil sie gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe war, konnte sie mehrere Monate ohnehin nicht spenden.

Beim Termin Ende Januar dieses Jahres in Bad Wünnenberg, über den sie eine Freundin informiert hatte, wollte sie aber wieder dabei sein – und fiel aus allen Wolken, als der Arzt vor Ort ihr mitteilte, sie dürfe nicht spenden. „Sie sind gesperrt“, lautete die Erklärung. Warum, konnte oder wollte er nicht sagen. Er riet ihr, bei einer Hotline des DRK anzurufen. Das tat Melanie Hesse nach einer schlaflosen Nacht, in der sie sich fragte, ob vielleicht etwas mit ihrem Blut nicht in Ordnung sei und ob sie gefährliche Krankheiten mit sich herumtrage, ohne davon zu wissen. Der Anruf bei der Hotline brachte am nächsten Morgen ein wenig Aufklärung. „Sie müssen da irgendwas gesagt haben“, hieß es. Per E-Mail bestätigte man Melanie Hesse kurz darauf den Grund, aus dem sie im Bereich des Blutspendedienstes Münster nicht mehr teilnehmen dürfe: „Aufgrund von Äußerungen, die Sie gegenüber einem nicht deutschstämmigen Mitarbeiter unter Zeugenanwesenheit getätigt haben, haben wir im Hinblick auf die Grundwerte des Roten Kreuzes (Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Freiwilligkeit, Einheit und Universalität) beschlossen, dass wir Sie nicht weiter zur Spende zulassen möchten. Der betroffene Mitarbeiter kann sich bis heute gut an Ihre Wortwahl erinnern“, heißt es darin.

Unfair behandelt fühlt sich die 50-Jährige. „Man hat mir nicht mal die Möglichkeit gegeben, zu erklären, wie es zu dem Missverständnis gekommen ist“, ärgert sie sich. Egal, wie die Sache weitergehe: Zur Blutspende beim DRK werde sie nicht noch einmal gehen, betont sie.

Und was sagt das DRK? Der betroffene Mitarbeiter habe die Situation als sehr unangenehm empfunden und sich beleidigt gefühlt, erläutert Claudia Müller, Sprecherin beim DRK-Blutspendedienst West. „Wir müssen unsere Mitarbeiter schützen“, betont sie. Daher müsse die Sperre für Melanie Hesse aufrechterhalten bleiben.

Quelle: Westfalen-Blatt
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