Die Grippe legt die Musikgesellschaft Gerlafingen lahm
HINWEIS vom 12.3.: Der nachfolgende Text vom 8.3. ist leider nicht mehr aktuell. Mittlerweile musste der Probebetrieb wegen des Coronavirus leider doch eingestellt werden, und ob das Konzert am 9.5. stattfinden kann ist derzeit ungewiss.
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Keine Angst, aktuell ist die Harmonie Gerlafingen nicht vom Coronavirus betroffen. Wir sind gesund, die Proben finden normal statt, und wir gehen derzeit davon aus, dass auch unser Frühlingskonzert am 9. Mai in der Mehrzweckhalle Obergerlafingen wie geplant über die Bühne gehen kann.
Vor ziemlich genau 100 Jahren war dies anders. Da legten zuerst die Spanische Grippe und dann die Maul- und Klauenseuche die Musikgesellschaft lahm. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt interessante Parallelen zur Situation, wie wir sie heute wegen des Coronavirus in der Schweiz kennen.
«Im Juli 1918 machte sich eine Grippe-Epidemie unangenehm bemerkbar. Eine Verordnung der Regierung untersagte alle Übungen, die erst im Monat August wieder aufgenommen werden durften». Das ist in einer alten Festschrift des Vereins zu lesen. Und weiter: Da wenig später «die Grippe-Epidemie erneut verheerend auftrat, mussten wiederum von Amtes wegen die Proben von Mitte Oktober bis Mitte Dezember 1918 eingestellt werden.»
«Am 21. November 1918 hatte die Gesellschaft einen Todesfall zu beklagen. Kaum aus dem sogenannten Ordnungsdienst zurückgekehrt, musste der Tambour Albert Grütter durch einen im Werk erlittenen Unfall sein junges Leben aushauchen. Wenn schon die schlimme Grippe einen Gesamtaufmarsch des Vereins verhinderte, bezeugten ihm doch eine grössere Anzahl seiner Musikkollegen anlässlich der Beisetzung seiner irdischen Hülle ihre letzte Sympathie.» Erst am 24. Dezember 1918 konnte wieder eine Musikprobe stattfinden.
Kaum ein Jahr später machte dann die Maul- und Klauenseuche der Musikgesellschaft zu schaffen: «Der gefürchtete Stallfeind war wieder ausgebrochen und es mussten die Übungen, zufolge Erlass der Regierung von Mitte Dezember 1919 bis anfangs Januar 1920 ausfallen», ist in den Vereins-Aufzeichnungen zu lesen.
Kurz darauf wurde der Probebetrieb erneut unterbrochen, «aber diesmal freiwillig. Um etwaige Meinungsverschiedenheiten während eines im Eisenwerk ausgebrochenen Streikes nicht in den Verein hineinzutragen, fand man für gut, die Proben ab 9. März 1920 bis auf weiteres ausfallen zu lassen». Es handelte sich um den fünfwöchigen Gerlafingerstreik, der im Dorf heftiger geführt wurde und ernstere Folgen hatte als der Landesstreik, mit Massenschlägereien und Polizeieinsätzen.
Kaum hatte man die Instrumente wieder hervorgenommen, mussten sie jedoch abermals versorgt werden: «Die mörderische Viehseuche will kein Ende nehmen, sie greift wieder erneut um sich, was zur Folge hat, dass die Proben noch einmal, und zwar vom 24. Juni bis 29. Juli 1920 eingestellt werden müssen».
Im Vergleich zu 1920 haben wir es 100 Jahre später doch eigentlich ganz gut, nicht? Weder sterben Musikanten beim Schuften im Stahlwerk, noch müssen wir wegen der Grippe aufs Musizieren verzichten. Hoffen wir, dass es so bleibt!